Schon wieder: Lockdown. Home-Office. Virtuell zusammenarbeiten. Video-Konferenzen bis zum Abwinken. Und vermutlich werden wir nicht nur in den nächsten Wochen im Home-Office bleiben, sondern das Arbeiten von zu Hause wird dauerhaft deutlich stärker in unser Arbeitsleben Einzug halten.
Doch von zu Hause aus zu arbeiten und ein virtuelles Team zu führen birgt einige Herausforderungen. Wie schaffst Du es, dass Dein Team auch im Home-Office produktiv zusammenarbeitet? Was kannst Du tun, um die Produktivität jedes Einzelnen zu erhöhen? Und welche Fehler solltest Du tunlichst vermeiden? Das erfährst Du in diesem Blogartikel.
Ist das Home-Office besser als täglich ins Büro zu fahren?
Ja, das Home-Office hat viele Vorteile. Der Arbeitsweg vom Bett zum Computer ist extrem kurz. Das Essen ist (meistens) besser als in der Kantine. Man kann die Pausen mit seinen Liebsten verbringen und „hübsch“ machen muss man nur die obere Hälfte des Körpers. 😉
Nein, im Ernst: Wenn die nötigen Routinen und vor allem ein geeigneter Arbeitsplatz mit der nötigen technischen Ausstattung erst einmal installiert sind, fühlen sich viele im Home-Office sehr wohl und genießen die Vorteile:
Im Home-Office: Zeit und Geld sparen & einen gemütlichen, vielleicht sogar ungestörteren Arbeitsort genießen
Der wegfallende Arbeitsweg spart Zeit und Geld und für viele bedeutet Home-Office auch, dass man – wenn man es richtig anstellt – viel produktiver an Aufgaben arbeiten kann. Denn je nach Situation im Büro, findet man zu Hause einen besseren, gemütlicheren Arbeitsort, mit weniger Ablenkung und mehr Ruhe. Für einige wird sogar „Deep work“ möglich. Im normalen Büroalltag ist das in der Regel undenkbar.
Es gibt also viele Vorteile, und ein produktiveres Arbeiten ist im Home-Office möglich.
Herausforderungen im Home-Office
Gleichzeitig bringt das Home-Office einige Herausforderungen mit sich.
- Die zwar zeitraubende, aber doch sehr wichtige informelle Kommunikation am Kaffeeautomaten und im Flur entfällt,
- Video-Konferenzen sind deutlich anstrengender als Meetings im Büro (v.a. wenn eine mangelnde Bandbreite für diverse Bild- und Tonausfälle sorgt),
- es ist viel schwieriger an den Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen „dran zu bleiben“, in Kontakt zu sein und zu bleiben und
- wenn der Arbeitsort ungünstig ist, man beispielsweise am Küchentisch arbeiten muss, weil ein Arbeitszimmer oder separater Raum fehlt, und parallel die Kinder zu betreuen sind, ist an produktives Arbeiten nicht zu denken.
- Auch kann man nicht einfach mal eben über den Tisch rufen und auf kurzem Dienstweg schnell Themen klären, sondern es gibt die Hürde, nun das Telefon oder den Chat bedienen zu müssen.
Für Führungskräfte ist das Home-Office besonders fordernd.
Für Führungskräfte ist die Situation besonders fordernd. Denn sie müssen sich nicht nur selbst im Home-Office „managen“ und organisieren, sondern gleichzeitig auch das Team aus der Distanz effektiv führen und dafür sorgen, dass auch alle anderen zu Hause produktiv arbeiten können.
Pauschal lässt sich das Home-Office also weder in den Himmel loben noch als völlig unmöglicher Arbeitsort verteufeln. Wichtig ist, bei jedem Einzelnen hinzuschauen und zu prüfen, welche individuellen Herausforderungen es gibt und wie sie gelöst werden können, damit produktives Arbeiten möglich wird.
5 Fehler, die Du unbedingt vermeiden solltest, wenn Du auch im Home-Office produktiv mit Deinem Team zusammenarbeiten möchtest
Dass die Technik im Home-Office stimmen muss, ist klar. Auch dass ich schlechterdings dauerhaft am Küchentisch mit um mich herumwuselnden Kindern produktiv sein kann. Aber sicherlich sind diese Probleme seit dem ersten Lockdown weitgehend gelöst. Gehen wir also davon aus, die Grundlagen wurden geschaffen und diese Fehlerquellen sind beseitig.
Was gilt es für Dich darüber hinaus zu vermeiden, wenn Du auch im Home-Office produktives Arbeiten für Dein Team ermöglich möchtest?
Fehler #1: Genauso viel oder weniger kommunizieren
Einer der größten Fehler beim Wechsel vom normalen Büroalltag ins Home-Office und zur virtuellen Führung eines Teams ist es, die Kommunikation so zu belassen, wie sie „offline“ im Büro stattgefunden hat.
Du planst die Regelkommunikation (z.B. Teambesprechungen und Jour Fixe) ein wie immer und sorgst für individuelle Rücksprachen und Projektmeetings wie sonst auch. Klar.
Die normale, sachbezogene Regelkommunikation reicht nicht aus!
Aber das reicht nicht!
Wenn jeder zu Hause für sich arbeitet, fällt der informelle Austausch untereinander, der sonst quer über den Tisch oder über den Flur stattfindet, komplett weg. All die Kommunikation, die Du sonst nicht bewusst als Vorgesetzter steuerst. Diese ganzen kleinen und so wichtigen Informationen können nicht mehr einfach so mal schnell im Team oder mit Kolleg:innen ausgetauscht werden.
Stattdessen muss man jetzt den Chat bedienen oder zum Telefon greifen. Eine kleine Hürde, aber dennoch für viele eine nicht zu unterschätzende Hürde. Einfach weil es nicht der sonstigen Routine entspricht. Dein Team muss sich umgewöhnen.
Auch droht die Gefahr, dass durch die geringere Kommunikation untereinander, das gemeinsame, übergeordnete Ziel aus dem Blick gerät bzw. jeder eine andere Vorstellung davon entwickelt und in eine andere Richtung arbeitet.
Um all das zu vermeiden, ist es bei virtueller Zusammenarbeit wichtig, mehr zu kommunizieren, jeden einzelnen Mitarbeiter immer wieder abzuholen und einzubinden, immer wieder allen das Ziel zu erläutern, den Stand der Dinge zu prüfen, im Gespräch zu sein.
Kommuniziere mehr und sorge auch für einen regelmäßigen Austausch im Team!
Sprich also regelmäßig mit Deinen Mitarbeitern!
Bleib an jedem Einzelnen kontinuierlich dran, halte den Kontakt. Nur wenn Du weißt, wie es Deinen Mitarbeiter:innen (auch emotional) geht, und Du für entsprechende Lösungen sorgst, kann effektive Arbeit im Home-Office entstehen und Du erhöhst das persönliche Engagement Deiner Mitarbeiter:innen. Auch ist es bei virtueller Zusammenarbeit eben noch wichtiger, dass alle im Team zu jeder Zeit genau wissen, was zu tun ist, worauf die Priorität liegt und wer wofür verantwortlich ist. Das erreichst Du nur durch sehr regelmäßigen Austausch.
Genauso gilt es aber auch, informellen Austausch im Team zu fördern.
Fördere soziale Kontakte!
Du solltest dafür sorgen, dass Ihr Euch alle regelmäßig online ohne spezielle Agenda austauscht (z.B. online gemeinsam einen Kaffee)! Es geht um den sozialen Kontakt, darum, die fehlende soziale Interaktion auszugleichen. So sorgst Du auch für die mentale Gesundheit der Teammitglieder und schaffst eine Möglichkeit für den Austausch, der sonst am Kaffeeautomaten stattfindet. Vielleicht ist es auch gut, wenn Du gar nicht immer dabei bist, sobald sich diese Treffen etabliert haben.
Sorge für informellen Austausch und soziale Kontakte!
Eine weitere Möglichkeit kann es sein, (wenn ihr zu halbwegs gleichen Zeiten arbeitet) dass morgens jeder ein „Hallo“ in die Runde ruft und sich zum Feierabend vom Team verabschiedet. Das ist für den Einzelnen z.B. in einem Gruppenchat kein großer Aufwand, sorgt aber für Verbundenheit.
Diese Art von Meetings läuft immer Gefahr, bei hoher Arbeitsbelastung als erstes aus dem Kalender zu fliegen. Sorge dafür, dass das nicht geschieht! Denn dieser Austausch miteinander hat dieselbe Relevanz wie ein Projektmeeting.
Fehler #2: Alle Aufgaben und Prozesse bleiben gleich
Ein großer Produktivitätskiller bei virtueller Zusammenarbeit ist gegenseitige Abhängigkeit mit Blick auf Aufgaben und Prozesse und die vorwiegende Nutzung von Tools, die es erforderlich machen, mit anderen synchron, also zur selben Zeit zusammenzuarbeiten (z.B. Text-Chat, Videokonferenzen; siehe auch mein Blogbeitrag „6 Schritte, um die Produktivität virtueller Teams zu steigern“).
Gegenseitige Abhängigkeit wird im Home-Office zum Produktivitätskiller.
Das erhöht den Abstimmungsaufwand und nimmt jedem Einzelnen die Flexibilität („Ich kann erst weitermachen, wenn mein Kollege seinen Teil erledigt hat, allerdings muss ich mich dann erst einmal mit meinen Kindern beschäftigen und komme erst am Abend dazu, weiterzuarbeiten.“, „Ich kann erst weitermachen, wenn wir in der Videokonferenz die nächsten Schritte besprochen haben.“, etc.).
Wenn Du es dagegen schaffst, Dein Team so aufzustellen, dass jeder möglichst unabhängig arbeiten kann, erhöhst Du die Flexibilität und Produktivität ungemein.
Ein zusätzlicher Vorteil: Es kann dann jeder seine Aufgaben erledigen, wenn es für ihn oder sie am besten passt. Je nach privater Situation, gibt es sicherlich unterschiedliche Bedarfe (mit Kindern, die gleichzeitig zu Hause sind und beim Homeschooling betreut werden müssen, gestaltet sich der Tagesablauf sicherlich anders als ohne).
Um eine asynchrone Zusammenarbeit zu ermöglichen, kann es erforderlich sein, Aufgaben anders zu verteilen undArbeitsprozesse anzupassen. Ist das in Deinem Team möglich?
# Fehler 3: Die Rahmenbedingungen, die im Büro gelten, sind auch für das Home-Office die Regel
Jeder Deiner Mitarbeiter:innen wird zu Hause individuelle Herausforderungen zu lösen haben. Während die einen parallel zum Job Kinder betreuen und im Homeschooling unterstützen müssen, fühlen sich andere sozial isoliert und alleine.
Jeder braucht andere Rahmenbedingungen, um seiner Arbeit nachzukommen und möglichst produktiv im Home-Office arbeiten zu können.
Wenn es bei Euch im Büro feste Arbeitszeiten gibt bzw. Zeiten zu denen Deine Mitarbeiter:innen anwesend sein müssen, solltest Du darüber nachdenken, ob Du das im Home-Office flexibler gestalten kannst. Wenn es für Deine Mitarbeiter:innen möglich ist, die Arbeitszeit frei einzuteilen, erhöhst Du die Flexibilität jedes Einzelnen und nimmst damit einen potenziellen Stressfaktor aus dem Spiel.
Versuche Deine Mitarbeiter:innen zu unterstützen und individuelle Lösungen zuzulassen, um die Produktivität zu erhöhen und bessere Ergebnisse zu erzielen.
Und schaue auch, was für Dich funktioniert! Musst Du immer erreichbar und verfügbar sein?
Fehler #4: Du setzt keine klaren Grenzen
Grenzen zu setzen ist bei länger andauerndem Home-Office besonders wichtig. Grenzen für Dich, aber auch für Dein Team.
Home-Office darf nicht bedeuten, dass man 24 Stunden erreichbar sein muss. Es muss klare „Auszeiten“ geben und für Deine Mitarbeiter muss klar sein, dass Du nicht von ihnen erwartest, dass sie während der Auszeiten Anrufe, E-Mails oder Chat-Nachrichten beantworten.
Dies gilt aber auch für Pausen während des Tages – denn wenn im Home-Office keiner da ist, der fragt, ob Du Zeit für einen Kaffee hast oder der Dich an die Mittagspause erinnert, passiert es leicht, dass die Pausen öfter vergessen werden.
Klare Auszeiten und Pausen sind ein Muss!
Du kannst Deine Mitarbeiter:innen dabei unterstützen, regelmäßig eine Pause zu machen, indem Du zum Beispiel Meetings für 50 Minuten anstatt für 60 Minuten planst und so direkt 10 Minuten Pause einbaust.
Eine weitere Möglichkeit ist, es zur Regel zu machen, dass über die Mittagszeit keine Meetings stattfinden – außer ein bewusstes Social Gathering mit den Kolleg:innen. Vielleicht gibt es sogar die Möglichkeit, Deinen Mitarbeiter:Innen ab und zu ein richtig gesundes Mittagessen zukommen zu lassen?
Warum ich jetzt über’s Essen rede? Weil unsere Produktivität nicht nur von „harter“ Arbeit bestimmt wird. Denn konzentriertes, produktives Arbeiten ist dauerhaft nur möglich,
- wenn ich ausgeruht bin – wenn ich also für hinreichend guten Schlaf und wirkliche Erholungspausen sorge, und
- wenn ich körperlich fit bin – ich mich also gut ernähre und regelmäßig bewege.
Produktivitätssteigernd wirken auch Zeiten für Reflektion, Lernen und Planen.
Motiviere Dein Team also ruhig dazu, sich in den Pausen zu bewegen und Frischluft zu tanken, abends pünktlich Feierabend zu machen, die Arbeitssachen aus dem Sichtfeld zu packen und aktiv Dinge zu tun, die für Entspannung und Erholung sorgen, um dann auch einen erholsamen Schlaf zu ermöglichen.
Hilfreich kann es auch sein, jede zweite Woche einen Meeting-freien Freitag einzuplanen und diesen jedem einzelnen Teammitglied zum Reflektieren, Lernen und Planen zu überlassen.
Fehler#5: Du hast überzogene Erwartungen an die Produktivität im Home-Office
Zwar kann das Home-Office für viele mit Blick auf die Produktivität ein Segen sein, aber dennoch solltest Du keine überzogenen Erwartungen haben. Zwar fällt der Arbeitsweg weg und die Kalender sehen bei vielen vielleicht leerer aus als sonst, aber viele überschätzen, was an einem vermeintlich „leeren“ Tag zu schaffen ist.
Gut ist es, jeden Tag zu planen und kurze To-Do-Listen zu schreiben mit jenen Aufgaben, die an diesem Tag auf jeden Fall und wünschenswerterweise erledigt werden sollen. Denn mit langen, überambitionierten Aufgabenlisten sinkt die Motivation schnell und droht in Frustration umzuschlagen, wenn am Ende jeden Tages die Liste kaum geschrumpft oder sogar mit weiteren Detailaufgaben noch weiter angewachsen ist …
Überschätze nicht, was an einem „leeren“ Tag möglich ist, und unterschätze nicht die Umstellungszeit von Büro auf Home-Office.
Außerdem solltest Du nicht vergessen: Mit jedem Wechsel von Büro zu Home-Office und zurück geht ein Prozess des „sich-wieder-daran-Gewöhnenmüssens“ einher (der Arbeitsplatz muss wieder eingerichtet, die täglichen Routinen umgestaltet werden etc.) – und auch das braucht Zeit! Verlange also nicht zu viel von Deinen Mitarbeiter:innen, sondern mache Dir bewusst, dass diese Zeit erforderlich ist.